Die Röchte-Telefonate (13)

Es ist gelungen, den mittelwestfälischen Autor Antonius Röchte für eine Reihe von Telefoninterviews zu gewinnen. Sie werden hier in loser Folge veröffentlicht.

jojo: Tag, Herr Röchte, wir hatten ein Interview vereinbart. Passt es grad?

Antonius Röchte: Nein, aber legen sie los. Aber fangen sie bitte nicht wieder mit diesen Koalitionsverhandlungen oder irgendwelchen Sondierungsgesprächen an.

Keine Angst. Lassen sie uns über Musik reden.

Superspannend (gähnt laut). Worüber genau?

Ihre Platte des Jahres vielleicht?

Wahnsinnig innovativ. Aber gut: es gibt keine.

Sie meinen, 2017 ist nicht Gutes erschienen?

Doch schon, aber eine Platte des Jahres sollte ein Hammer sein, etwas Nie-Gehörtes oder zumindest sollte sich eine gewisse Anzahl von Expertinnen und Experten auf eine Veröffentlichung einigen. Schauen sie mal in die Spex. 38 Autorinnen und Autoren – und alle haben verschiedene Bestenlisten, nur ganz selten wählen mal zwei Personen die gleiche Platte auf Platz 1 und bei den Leserinnen und Lesern sieht es noch mal wieder anders aus. Keine Konsensalben mehr. Muss aber nicht schlimm sein.

Das Spex-Album des Jahres kommt von Kelela.

Ja. Steht im Leserpoll aber nur auf Platz 8 und in anderen Musikzeitschriften spielt sie nicht die große Rolle.

Und wie finden sie Kelela?

Sorry, kann nichts dazu sagen. Das Björk-Radiohead-Phänomen.

Was ist denn nun das schon wieder?

Ich kann einige Musiken nicht hören, weil ich die Stimmen nicht ab kann. Meistens ist das nicht schlimm, weil auch die Musik Scheiße ist. Aber von Björk oder Radiohead und eben auch von Kelela würde ich mir Instrumentalplatten gerne anhören. Ist mein persönliches Problem, hat nichts mit der Qualität der Künstler zu tun. Gilt auch für Solange, Bruce Springsteen, mit Abstrichen auch für Van Morrison. Zum Glück muss ich mich nicht professionell mit Musik beschäftigen und kann es mir leisten, bestimmte Veröffentlichungen, wie die neue Björk-Platte, einfach zu ignorieren. Vielleicht fragen sie einfach nicht den richtigen.

Aber es ist doch immer subjektiv. Welche Neuerscheinungen haben sie denn im letzten Jahr gerne gehört?

Ganz ehrlich? Antilopengang – und zwar die beigelegte zweite CD mit den Punkversionen. Prollig oder? Kommt zumindest in den verschiedenen Jahrescharts nicht so oft vor.

Und sonst?

Ach, schöne Sachen gibt es doch immer: Shabazz Palaces, Feelies, Neil Young, The National, The War On Drugs, Portugal The Man, Kendrick Lamar … Nicht so überzeugt hat mich der hochgehandelte Thundercat, auch LCD Soundsystem haben mir schon mal besser gefallen. Aber wie gesagt, der große Wurf war 2017 nicht dabei. Aber vielleicht habe ich auch nicht alles gehört bzw. sowieso keine Ahnung.

Gab es denn Newcomer, die es zu verfolgen lohnt?

Mmh, sind mir nicht aufgefallen. Im Radio höre ich weiterhin die Quietschmädchen und Jammerjungs mit schlimmen Stimmen, die aber nicht unter das Björk-Radiohead-Phänomen fallen, weil auch die Musik langweilig ist. Aber alles habe ich auch nicht verfolgt. Simon Joyner finde ich ganz interessant. Aber der hat schon eine Menge Platten gemacht. Hab ihn nur jetzt erst entdeckt.

Von Bob Dylan gab es doch auch Neues.

Ein ganz anderes Thema. Als Fan kann ich seine Triplicate-Platte nur Kacke finden. Obwohl ich mir denken kann, warum er das macht.

Und das wäre?

Bin kein Dylanologe, aber klar ist doch, dass er versucht, die große amerikanische Songtradition zu konservieren. Das fing mit Woody Guthrie an und ging mit Blues und Country weiter. Als er in den späten Siebzigern auf Gospel machte …

Da ist ja auch grad was in den Bootleg Series erschienen …

Ja. Da dachten alle, er ist zum Christentum konvertiert. Was Quatsch war, nur eine weitere Rolle, um Gospel zu performen. Und jetzt gibt er eben den Crooner.

Seine letzte Rolle?

Ich hoffe nicht. Wäre aus meiner Sicht kein würdiger Abgang.

Wir werden es sehen. Ihr Fazit für 2017?

Alles wie immer. Wenn ich es mir recht überlege, kann ich ihnen zwar nicht die beste aber die schlechteste Platte 2017 nennen.

Triplicate?

Ja, leider.

Danke für das Gespräch. Und was hören sie heute noch?

Vince Staples oder Traffic oder Jazz. Jazz geht immer.

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